Den Verkehr im Blick behalten

Automatische Nummernschilderkennungssysteme (Automatic Number Plate Recognition, ANPR) sind weit verbreitet, um es den Strafverfolgungsbehörden zu ermöglichen, den Verkehr auf Autobahnen zu kontrollieren und zu steuern. Die Systeme sind in der Lage, die Nummernschilder von Fahrzeugen am Tag und in der Nacht bei hohen Geschwindigkeiten und sogar unter erschwerten Verkehrsbedingungen oder bei schwacher Beleuchtung zu lesen.

Um die Leistung früherer Modelle zu verbessern, hat die in Madrid, Spanien, ansässige Firma Lector Vision , kürzlich ein neues ANPR-System mit dem Namen Traffic Eye eingeführt. Das System kombiniert die beste handelsübliche Hardware mit einer individuellen von Lector Vision entwickelten und entworfenen Hardware sowie der unternehmenseigenen Software Engine, wodurch ein sehr vielseitiges System entstanden ist, das schnell angepasst werden kann, um Nummernschilder in jedem Land weltweit zu erkennen.

Das Traffic-Eye-System selbst beleuchtet Verkehrsszenen mit gepulstem Infrarotlicht, während es monochrome Bilder von Fahrzeugen aufnimmt. Gleichzeitig werden durch zwei separate Kameras flächendeckende Übersichten aufgenommen. Die Software im System, die auf einem fortschrittlichen Prozessor läuft, erkennt dann, wo sich das Nummernschild auf dem monochromen Bild befindet und identifiziert die einzelnen Zeichen der Nummernschilder mittels optischer Zeichenerkennung über ein künstliches neuronales Netzwerk. Sowohl die Nummer des Nummernschildes als auch der farbige Überblick über die Szene werden dann zueinander in Beziehung gesetzt, bevor Sie in Echtzeit an ein Kontrollzentrum übertragen werden.

Die Software sucht zunächst nach rechteckigen Bereichen von Interesse (ROI) im Bild, in denen ein Nummernschild wahrscheinlich vorhanden ist

Bilderfassung

Laut Gonzalo Garcia Palacios, Leiter Forschung und Entwicklung bei Lector Vision, spielen die Kameras im Nummernschilderkennungsprozess eine wesentliche Rolle, da die gesamte Leistung des Systems in höchstem Maße von der Qualität der aufgenommenen Bilder abhängt. 

"In der Vergangenheit waren für ANPR-Anwendungen spezialisierte Kameras notwendig, aber dank der Leistung von FLIRs Kamerassortiment, kann das neue System handelsübliche Produkte nutzen", erklärte er.

Die erste Kamera im Traffic-Eye-System - eine monochrome Blackfly 1920 Pixel x 1200 Pixel GigE Kamera mit Sony Pregius IMX249 CMOS Global Shutter Sensor und IR-Filter - nimmt Bilder auf, die von der Systemsoftware analysiert werden, um das Nummernschild des Fahrzeugs zu bestimmen. Die zweite, eine Blackfly 1920 Pixel x 1200 Pixel GigE Farbkamera mit einem Sony IMX249 CMOS- Sensor nimmt eine Übersicht der Szene auf. Verschiedene Kameras ausgestattet mit unterschiedlichen CMOS-Sensoren können einfach ausgetauscht werden, um sie besser in verschiedene Anwendungen einzubinden, z.B. in monolane oder mehrspurige (bis zu 3 Spuren gleichzeitig) ANPR-Geräte, Rotlicht- und Geschwindigkeitsüberwachung.

Während GigE-Kameras im Traffic Eye-System seit seiner Einführung im Jahr 2013 weit verbreitet sind, muss sich das Unternehmen aufgrund der Modularität der im System verwendeten Prozessoren und Steuerungshardware nicht auf eine Kameraschnittstelle beschränken. Laut Palacios ist es relativ einfach, eine Kamera mit dem geeigneten Sensor auszuwählen, wenn das System eine höhere Auflösung benötigt, und dann zu entscheiden, ob eine GigE-Schnittstelle oder eine USB3-Schnittstelle mit höherer Bandbreite besser geeignet ist.

Weniger Störstrahlung

Aufgrund der Tatsache, dass die Intensität des Sonnenlichts durch seine Wellenlänge im IR-Spektrum variiert, war die Wellenlänge des Lichts, das die Verkehrsszene beleuchtet, eine wichtige Überlegung bei der Entwicklung.

In der Vergangenheit haben viele ANPR-Systeme Nummernschilder mittels Infrarot-Licht in einem Wellenlängenbereich von 880nm beleuchtet. Bei 940 nm beträgt die Intensität des Sonnenlichts jedoch etwa 60 Prozent der Intensität bei 880 nm. Daher entschied sich Lector Vision für die Reduzierung der Sonnenlichtinterferenzen durch die Beleuchtung von Verkehrsszenen mit einer speziell angefertigten Reihe von gepulsten LEDs, die mit der höheren Wellenlänge arbeiten.

"Der Kompromiss bei der Verwendung von LEDs mit höherer Wellenlänge besteht darin, dass die Empfindlichkeit des Sensors in der Kamera gegenüber Licht bei 940 nm ein wenig reduziert ist. Um dies auszugleichen, pulst ein Kontrollsystem in Traffic Eye die IR-LEDs für Mikrosekundenintervalle und erzeugt ein intensives stroboskopisches IR-Licht, das (einmal von den Nummernschildern reflektiert) von der Monochrom-Kamera leicht erkannt werden kann. Da die Szene durch das gepulste IR-Licht beleuchtet wird, löst der Controller beide Kameras gleichzeitig aus, so dass sie sowohl ein monochromes als auch ein farbiges Bild der Verkehrsszene aufnehmen können", so Palacios.

Beide Bilder werden dann über die GigE-Schnittstelle an einen eingebetteten Quad-Core-Prozessor im Traffic-Eye-System übertragen. Dort wird das monochrome Bild von der angepassten Software analysiert, die auf dem Prozessor läuft, um die Zeichen des Nummernschildes im Bild zu bestimmen. Um dies zu erreichen, sucht die Software zunächst nach rechteckigen Bereichen von Interesse im Bild, in denen ein Nummernschild wahrscheinlich vorhanden ist. Eine Randerkennung wird dann im entsprechenden Bereich durchgeführt, um die Grenzen der Zeichen auf dem Nummernschild zu finden, indem Helligkeitsabweichungen in den Bildern erkannt werden.

Neuronales Netzwerk

Nachdem die Position der Zeichen auf den Nummernschildern im Bild bestimmt wurde, identifiziert das System die einzelnen Zeichen. Um dies zu erreichen, entschied sich Lector Vision ein software-basiertes, künstliches, neuronales Netzwerk einzusetzen, das zunächst darauf trainiert wurde, Zeichen auf Nummernschildern zu erkennen, indem ihm viele tausend einzelne Beispiele aus einem einzigen Land präsentiert wurden. Das neuronale Netzwerk nutzt diese Beispiele dann, um daraus automatisch Regeln abzuleiten, wie es neue unbekannte Zeichen aus den von der Monochrom-Kamera aufgenommenen Bildern identifizieren kann, sobald das Traffic Eye-System in der Praxis eingesetzt wird.

"Sobald das Nummernschild identifiziert wurde, können die Nummer des Nummernschildes und das Bild der Verkehrszene, das von der Farbkamera aufgenommen wurde (sowie ein optionaler GPS-Zeitstempel) per Kabel, Glasfaser, GPRS oder 3G, abhängig von der Art der Anwendung, an ein Kontrollzentrum gesendet werden. Damit können sich Nutzer wie die "Highways Agencies" (Autobahnbehörden), die den Verkehrsfluss überwachen und Rotlichtverstöße ahnden, die beiden Bilder ansehen, um das fragliche Fahrzeug über sein Nummernschild zu identifizieren und ein Bild des Autos und seiner Insassen am genauen Ort zu untersuchen, an dem das Nummernschild des Fahrzeugs aufgenommen wurde", so Palacios.

Nach Angaben von Palacios wurden seit der Einführung des Systems im Jahr 2013 über 500 Traffic-Eye-Systeme installiert und erwiesen sich als fähig, Nummernschilder von Fahrzeugen zu lesen, die mit Geschwindigkeiten von über 200 km/h unterwegs waren. Außer in Spanien wird das System in Andorra, Kolumbien, Chile, Polen, der Slowakei, Peru, Algerien und Mexiko eingesetzt. Darüber hinaus hat das Unternehmen seit 2003 mehr als 700 Geräte zur Zugriffskontrolle und die OCR-Erkennungssoftware als Stand-Alone-Softwareprodukt an interessierte Parteien verkauft.

Aber das Unternehmen ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus. Dieses Jahr plant Lector Vision das System um weitere Funktionen zu erweitern und es zu trainieren, Nummernschilder von zahlreichen anderen Ländern zu identifizieren, in denen die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung zu einem wesentlichen Thema wird. Zusätzlich wird das System aufgerüstet, so dass es den Verkehr auf einer Autobahn auf mehr als drei Spuren gleichzeitig erkennen kann. Zuletzt wird das System verbessert, sodass es nicht nur Nummernschildern lesen, sondern auch viele andere Ereignisse auf der Straße erkennen kann, wie zum Beispiel Geisterfahrer auf der Autobahn oder Autounfälle.

Über Lector Vision

Lector Vision ist ein Unternehmen im Bereich Hardware- und Softwareentwicklung, das sich auf Bildverarbeitungssysteme, genauer gesagt, das automatische Lesen von Nummernschildern, spezialisiert hat. Mit großer technischer und kaufmännischer Erfahrung in den Bereichen ITS, Parkhaus, Zutrittskontrolle, Videoüberwachung und Bildverarbeitung entwickeln wir Lösungen in den Bereichen Verkehrsmanagement, Zutrittskontrolle, Parkmanagement, sonstige Sicherheitsmaßnahmen und Logistik.